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Kontroverse um den neuen Campus Poppelsdorf │ Podiumsdiskussion des BDA Bonn-Rhein-Sieg im Rahmen der Reihe „Bildung.Bauen“ des BDA NRW

16. November 2010

Bei einer Veranstaltung mit mehr als 150 Teilnehmern hat der BDA Bonn-Rhein-Sieg am 28. Oktober 2010 über den neuen Campus Poppelsdorf der Universität Bonn diskutiert.

Als Podiumsgäste waren Wolfgang Eifler vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (Bauherr), Helmut Joisten, Bürgermeister & Stadtverordneter von Bonn-Poppelsdorf, Joachim Klose, Vorstandsvorsitzender des BDA Bonn-Rhein-Sieg, Josef Simmes vom Baumanagement der Universität Bonn (Nutzer) sowie Stadtbaurat Werner Wingenfeld eingeladen.

Campus_Poppelsdorf___skt_72_rot
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Bereits in der Einführung in die Diskussion durch den Architekten BDA Jens Trautmann vom Büro „skt umbaukultur Bonn“, das im Auftrag des landeseigenen Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW (BLB) die vorbereitende Planung durchführt, wurde offensichtlich, um welch gigantisches Projekt es sich handelt:
Mit einer Dimension von rund 125 000 Quadratmetern entspricht das Gelände des neuen Campus Poppelsdorf annähernd der fußläufigen Innenstadt und wird die Stadtteile Poppelsdorf, Weststadt und Endenich stärker verbinden. Aufgrund des erheblichen Sanierungsbedarfs bestehender Institutsgebäude und wegen Platzmangels werden viele Stundenten in den nächsten Jahren aus ihren alten Instituten aus- und in neue Gebäude auf dem neuen Campus einziehen. Auf 600 bis 800 Millionen Euro wird die Komplettsanierung vorhandener und der Bau neuer Gebäude in den nächsten 20 Jahren geschätzt. Die Universität braucht den Campus aber auch, um im Wettstreit der deutschen Hochschulen und als Exzellenzzentrum bestehen zu können. So sollen zusätzlich 1500 Stundenten und 700 Mitarbeiter der Universität in Poppelsdorf lernen und arbeiten.

Die Diskussion um den Campus Poppelsdorf zeigte, dass Stadt- und Verkehrsplanung vor großen Herausforderungen stehen: „Für mich klingt der Campus nach toter Hose“, kritisierte Andreas Denk, Chefredakteur der BDA-Zeitschrift „der architekt“ und Moderator der Veranstaltung. Wie kann hier ein lebendiger Stadtteil gelingen? Nach Aussage von Wolfgang Eifler vom BLB sollen auf den ehemaligen „100-jährigen Versuchsfeldern“ der alten, bis 1934 bestehenden Landwirtschaftlichen Hochschule in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren zahlreiche naturwissenschaftliche Institute, ein Hörsaalzentrum sowie eine neue Mensa als Ersatz für die sanierungsbedürftige Poppelsdorfer Mensa, eine Sporthalle, Gewächshäuser und nach Möglichkeit auch studentisches Wohnen realisiert werden. Eine zusätzliche Belebung des Areals durch private Gastronomie, Einkaufsmöglichkeiten (z.B. Kiosk) und auch Wohnbauten ist bisher nicht vorgesehen. Ob hier stundentisches Wohnen verwirklicht werden kann, hinge vor allem von der finanziellen Situation des zuständigen Stundentenwerks ab, betonte Josef Simmes vom Baumanagement der Uni. „Für ein lebendiges Viertel ist auch die Qualität der Gestaltung von enormer Bedeutung“, warf Joachim Klose vom BDA ein und forderte die Auslobung von Architekturwettbewerben. Sowohl Bauherr als auch Nutzer signalisierten hierzu ihre Bereitschaft.

Helmut Joisten (CDU) begrüßte als Bürgermeister und Poppelsdorfer Stadtverordneter das Mammutprojekt, sorgte sich aber wie zahlreiche Teilnehmer um die mögliche zusätzliche Verkehrsbelastung. Die derzeitige Planung sieht kein Parkhaus vor. Vielmehr verfolgt sie das Ziel eines weitgehend autofreien Campus’ mit Parkflächen entlang der Autobahn und einer für Fußgänger und Radfahrer attraktiven Weggestaltung. Die Ausweisung oberirdischer Radparkplätze ist denn auch ebenso wie die Bepflanzung des gesamten Campusgeländes Bestandteil eines freiraumplanerischen Wettbewerbs, den der BLB derzeit auslobt.

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Noch in diesem Jahr fällt der Startschuss für den Campusausbau. Für Ende 2010 kündigte der BLB den Beginn des ersten Bauabschnitts an, bei dem außerhalb der Brut- und Nistzeiten 115 Bäume gefällt werden, die aber nachgepflanzt werden sollen. Dies dient der Vorbereitung für den Bau von Ver- und Entsorgungsstraßen 2011 und für den Bau dreier neuer Institutsgebäude mit Hörsaalzentrum ab 2012 im nördlichen Campusbereich (auf der Grafik rot eingefärbt: Informatik, Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften, Numerische Simulation sowie Hörsaalzentrum). Die Kosten der bis 2014 fertigzustellenden Gebäude belaufen sich auf 75 Millionen Euro, die aus Landesgeldern finanziert würden, so der BLB.

Für den Campus Poppelsdorf sind erste Bebauungsplanverfahren eingeleitet. Stadtbaurat Werner Wingenfeld wies darauf hin, dass der Rat als höchstes Gremium entscheiden wird. Eifler machte deutlich, dass die Detailplanung – abgesehen vom ersten Bauabschnitt – noch nicht erfolgt sei. Der BDA Bonn-Rhein-Sieg plant mit dem Ziel der Entstehung eines lebendigen Viertels, die Diskussion über den Campus Poppelsdorf im nächsten Jahr fortzusetzen.

Yola Thormann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit BDA Bonn-Rhein-Sieg

Grafik: skt umbaukultur bonn / BDA Bonn-Rhein-Sieg

Der General-Anzeiger berichtete am 30./31.10.2010 über die Kontroverse.

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